Geschichte

Die Geschichte des Schützenvereins Alverskirchen
Die Schützengilden

Die Anfänge der Schützengilden reichen bis in das 11. Jahrhundert zurück. Ihre ursprüngliche Aufgabe bestand darin, Haus und Hof, Frau und Kind, Bauernschaften und Dörfer vor wilden Tieren und umherstreunenden Feinden zu schützen und in Notfällen helfend einzugreifen. Durch Eid zu Bruderschaften verbunden, forderten sie den ganzen Menschen, nicht nur in Notzeiten, sondern auch bei Gelagen und Festlichkeiten. Das Schützenzeichen (Kleinod), ein Vogel aus Holz, Bronze oder Silber, ist aus dem heidnischen Vogelschussritual übernommen worden. Je nach der politischen Lage traten die Schützengilden öffentlich oder auch geheim auf.

Die kirchliche und weltliche Obrigkeit erkannte gegen Ende des 14. Jahrhunderts recht bald, dass Schützenfeste sich zur Schaffung und Aufrechterhaltung freundschaftlicher Beziehungen untereinander recht gut eigneten. Der lebende Schützenvogel, entweder ein Papagei, Hahn oder Adler, wurde durch einen hölzernen Vogel ersetzt. Am Anfang wurden die Preise nach Größe und Gewicht der abgeschlossenen Teile verteilt. Nicht mehr der wohlhabende Bürger, welcher den ersten Schuss tat, wurde König, sondern derjenige, der den Rest des Vogels von der Vogelstange abschoss. Die Wettkämpfe nahmen den Charakter von Lustbarkeiten an und die Kirche hob mahnend den Finger, damit dies nicht ausartete. Geschossen wurde mit der Armbrust, einer wehrhaften Waffe, vorher mit Pfeil und Bogen.

Mit der Erfindung des Schießpulvers ersann der Mensch neue Waffen, die Büchsen. Durch ihr schweres Gewicht musste eine Gabel den Schützen beim Schuss behilflich sein. Mit der Erfindung des Steinschlosses wurden die Büchsen leichter und handlicher. Unsichere Zeiten machten die Wehrerziehung innerhalb der Gilden notwendig. Die Landesherren und Stadträte dehnten ihren Einfluss auf die Gilden immer mehr aus. Turnvater Jahn, ohne dies direkt zu wollen, hat in seinen Schriften den Vereinen einen neuen Weg gebahnt, indem er die Schützenfeste als Phänomen „Festlichkeit, Feierlichkeit und Brauchtum“ zuordnete. Am 11. Juni 1861 wurde der deutsche Schützenbund gegründet und gleichzeitig fand in Gotha das erste deutsche Schützenfest statt. (Aus der Festschrift 150 Jahre Schützenverein Alverskirchen e.V.)

Die Jahre 1840 - 1902

Die älteste Plakette der Alverskirchener Schützenkette datiert aus dem Jahre 1840. König in diesem Jahr war A. Hölscher. Zur Königin erkor er sich Frau M. C. Püning. Nach den siegreichen Kriegen 1864 (Dänemark), 1866 (Österreich) und 1870/71 (Frankreich) wurde aus dem ursprünglichen Schützenverein der “Krieger- und Landwehr-Verein Alverskirchen“. Sein Motto lautete: Ruhm und Ehre dem König, Liebe und Treue dem Vaterlande.

Am 10. Januar 1872 ist das erste Kriegerfest beim Wirt Gerhard Pletzer (heute Grause) gefeiert worden. Im noch vorhandenen Protokollbuch heißt es: “Des Morgens um 10 Uhr wurde ein feierliches Hochamt gehalten. Nach demselben Parade-Aufstellung. Um 1 Uhr gemeinschaftliches Mittagessen und um 3 Uhr Appell der Krieger aus den Feldzügen von 1846, 1866 und 1870/71. Demnächst um 4 Uhr Festball, der bis 11 Uhr Abends währte. Bei genanntem Feste waren die Chargen (Dienstgrade) folgendermaßen verteilt:

1. Oberst Anton Clevorn
2. Adjutant Schulze-Wettendorf
3. Hauptmann Theodor Große-Holling
4. Leutnant Colon Buhsmann
5. Leutnant Franz Lüke
6. Feldwebel Joseph Hölscher
7. Fähnrich Heinrich Brinkmann
8. Fahnenoffiziere die Invaliden Theodor Strohbücker und Anton Gerd Holling
9. Batallionstambour Josef Pletzer.“

Im seit 1878 geführten Mitgliedsbuch sind die Mitglieder mit "Charge" - dem Dienstgrad - bzw. der Waffengattung aufgelistet. Es finden sich folgende Chargen: Infanterist, Garde - Infanterist, Artillerist, Curassier, Husar und Train. Ein Mitglied Franz Lüke war Unteroffizier. Ab 1880 ist die Spalte "Charge" nicht mehr ausgefüllt.

Die Statuten des Kriegervereins wurden aufgrund der “Allerhöchsten Kabinetts - Ordre“ vom 22. Februar 1842 Ministerial - Blatt Seite 98 und vom 6. Juni 1844 Ministerial - Blatt Seite 232 durch die Ortspolizeibehörde am 31. März 1879 genehmigt und mit der Unterschrift des Amtmannes des Amtes Wolbeck versehen. Nach mündlicher Überlieferung war von 1878 - 1881 David Kreikenberg Hauptmann. Er war ein wortgewaltiger Mann und verfügte über eine gute Kommnandostimme. Bei der morgentlichen Begrüßung seiner angetretenen Schützen begann er seine Ansprache wie folgt: „... als ich meine Augen zum Himmel erhob, da zitterte die Erde.“

Der Krieger- und Landwehrverein hatte sich neben der Heimat- und Brauchtumspflege einige besondere Schwerpunkte gesetzt, die später vom Schützenverein übernommen wurden und bis zum heutigen Tag ihre Gültigkeit nicht eingebüßt haben. Diese sind:

- den Schützensonntag mit einem Gottesdienst für die Gefallenen, vermissten und verstorbenen Kameraden zu beginnen,
- den Toten der Kriege ein ehrendes Andenken durch Niederlegung eines Kranzes am Ehrenmal zu bewahren,
- den verstorbenen Mitgliedern die letzte Ehre zu erweisen, wobei in jedem Falle die Vereinsfahne mitgeführt wurde und noch wird.

Wie in jeder Vereinigung so gab es auch in der Alverskirchener Schützengeschichte Höhen und Tiefen. In der Versammlung am 17. Mai 1885 wurde beschlossen, im Juni noch ein Kriegerfest zu halten und dann wegen Gleichgültigkeit der Mitglieder von einer weiteren Hebung der Beiträge abzusehen, den Verein also vorläufig einschlafen zu lassen. Auch die jeweilige wirtschaftliche Lage der Bevölkerung spielte eine nicht unbedeutende Rolle. Doch stets blieb man dem Althergebrachten treu.

Immer gab es Männer in der Gemeinde, die sich für die Erhaltung und Weiterführung des Vereins eingesetzt haben. So konnten die Tradition bewahrt, die zwischen menschlichen Beziehungen gepflegt und ausgebaut werden. Bauernschaften und Dorf hielten treu zusammen. Bei Schützenfesten war ganz Alverskirchen eine große Familie. Wie hieß es doch:

“In guete Tied, in leige Tied, wie hoalt bineene alltied.“

Ein Jahr später, am 2. Mai 1886, beschloss man, das Kriegerfest aufzuheben und ein Schützenfest veranstalten zu wollen. Es unterschrieben diesen Wunsch ca. 70 Mitglieder. In einer weiteren Versammlung am 14. Juni 1886 wurde von sämtlich unterzeichnenden Schützen folgendes beschlossen:

- 1. ein allgemeines Schützenfest zu feiern
- 2. wann und wo das Fest gefeiert wird
- 3. dass aus den Schützen ein Komitee gebildet werden sollte, das für alles Sorge zu tragen hatte.

Unter Vorsitz von Heinrich Schwinhorst, Verwalter auf Gut Brückhausen, wurde ein 14köpfiges Komitee gewählt und die Feier des Schützenfestes auf den 8. Juli festgesetzt.

Vom Komitee wurden folgende Hauptleute gewählt:

Heinrich Stapel, Oberst
Heinrich Schwinhorst, Hauptmann
August Forstmann, Adjutant
Christoph Schulze Wettendorf, Offizier
Bernhard Merten, Offizier
Bernhard Terberl, Feldwebel
Josef Hölscher, Fahnrich
Heinrich Enking, Fahnenoffizier
Christian Brüning, Fahnenoffizier
Carl Thüsing, Schaffner
Theodor Münstermann, Schaffner

Da auch in früheren Jahren ein Schützenverein existiert hat, so war noch ein silberner Vogel (dieser war von Freiherr von Höfflinger Gut Brückhausen gestiftet worden) nebst 8 Schilder und Kette vorhanden, der bei Pohlmanns (heute Zurmühlen) in Verwahrsam lag.

Es wurde beschlossen, vom Schützen–Komitee zur Verabfolgung des Vogels ein Gesuch an den Gemeindevorstand zu richten, was jedoch mit dem Bemerken beantwortet wurde, es müssen die ganzen Gemeinde-Eingesessenen ihr Wort abgeben, weil dieselben sämtlich ein Recht daran hätten.

Darauf beschloss das Komitee des Schützenvereins sämtlich nach Pohlmanns zu gehen, um auf freundschaftlichem Wege den Vogel in Besitz zu nehmen, was auch unter dem Beisein zweier Ehrenmitglieder Bern. Netter und Fritz Brinkmann ohne jegliche Weigerung gelang. So hielt der Vogel, getragen vom Ehrenmitglied Bern. Metter seinen feierlichen Einzug im Dorfe Alverskirchen. Am 8. Juli 1886 fand beim Wirt Gerhard Pletzer das Schützenfest statt, wozu extra ein geräumiges Zelt geliehen wurde. Von 2 bis 4 Uhr Königsschießen wozu sich 77 Schützen einstellten. Den Königsschuss tat Theodor Bolte, Zimmergeselle bei Bernhard Schürmann. Als Königin wählte er sich Maria Thieling, Dienstmagd bei Colon Sandfort. Der Vorstand war mit einem Abzeichen “Stern auf der Brust versehen“ und hatte die Verpflichtung, Eintrittskarten auszugeben, überhaupt für Ruhe und Hebung des Festes Sorge zu tragen. Während des Festes, welches in schönster Ruhe und Ordnung verlief, war nur "Humor" (heitere Gemütsstimmung) zu bemerken. Es endete unter Zufriedenheit sämtlicher Anwesenden nachts um 2 Uhr. Es spielte die Musikkapelle Lautenbach von Ahlen ausgezeichnet und erhielt per Mann 6 Mk = “Summa“ 48 Mk.

Im Jahre 1888, sowie von 1890 - 1902 wurden keine Schützenfeste gefeiert.

Die Jahre 1903 - 1940

Ab 1903 wurde wieder jährlich gefeiert. Vom Schützenfest des Jahres 1909 ist zu berichten, dass kein Alverskirchener Wirt das Fest übernehmen wollte.

Es wurde dann in den Anlagen des Vorstandsmitgliedes Runde gefeiert und das Fest verlief in recht feuchtfröhlicher Stimmung. Der Champagner floss sehr reichlich. Malermeister Anton Wiesmann bildete mit Frau Anna Niehoff das Königspaar. Es war für eine lange Zeit das Fest, von dem die Alverskirchener sprachen. Diejenigen Schützen, welche die Flügel abschossen, waren die Flügelkönige. Sie gehörten automatisch zum Thron. Da zur damaligen Zeit der Schulunterricht bis 4 Uhr nachmittags dauerte, wusste die heimkehrende Schuljugend immer von den Flügelkönigen zu berichten. Der Königsschuss fiel, je nach Länge des Schießens, viel später. Die Flügelkönige im Jahre 1909 hießen Anton Walkenhaus und Anton Reifeld.

Mit dem Verwalter der Brennerei Gerbermann, Josef Lütkenhaus, bekam Alverskirchen 1914 einen „Nieddelkönig“. Hiermit hat es folgende Bewandtnis: Gerbermanns Fuhrknecht Felix Heitmann, als guter Schütze bekannt, schoss auf den Vogel. Obwohl nur wenige Schüsse gefallen waren, barst der kaum getroffene Vogel in zwei Teile und viel herunter. Der verdutzte Schütze warf eilends die Büchse weg und mit schnellen Sprüngen war er auf Nimmerwiedersehen in den nahen hohen Brennnesseln für immer verschwunden. Nun war guter Rat teuer. Der größte Teil des Vogels wurde - nach Beratung des Vorstandes - schließlich wieder auf der Stange befestigt, und das muntere Schießen ging weiter. Josef Lütkenhaus tat den Königsschuss und er erkor sich Frl. Bernadine Schemmann zur Königin. Sie war mit ihren 17 Jahren recht jung und der damalige Pastor Deppenbrock wetterte. Einige Jungfrauen, die trotz seines Verbotes an den Festlichkeiten teilgenommen hatten, wurden von der Jungfrauenkongregation ausgeschlossen. Nicht aber die junge Königin!

Der erste Weltkrieg unterbrach die Schützenfeste. Mit dem Lied: “Gloria, Victoria, mit Herz und Hand fürs Vaterland“ zogen die jungen Schützen in das Feld hinaus, im felsenfesten Glauben, den Krieg schnell und siegreich zu beenden. Jedoch sollten über vier Jahre in das Land hineingehen, bis die Waffen ruhten. Mancher junge Mann und Familienvater kam nicht wieder und viele waren in Gefangenschaft, aus der sie erst nach langer Zeit in die Heimat zurückkehrten.

Folgende Schützenbrüder kehrten nach Beendigung des ersten Weltkrieges aus der Gefangenschaft zurück:
Anton Vages           Wilhelm Achtermann           Theo Hölscher
oseph Lütkenhaus           Wilhelm Hinse           Hermann Schurmann
Joseph Sommerhage           Reinhold Grause           Hermann Strohbücker
Joseph Mertens           August Steinhoff           Josef Fronholt
Joseph Averbeck           Ferdinand Brinkmann           August Koch


Der Vorstand des Schützenvereins beschloss mit dem neuen Vorsitzenden Bernhard Hölscher am 1. April 1920 ein Schützenfest verbunden mit der Gefangenenheimkehr am 05. Juli 1920 zu feiern. Das Fest wurde nun ganztätig gefeiert. Es verlief bei guter Witterung in der besten Stimmung. Die Königswürde errang August Püning und erkor seine Nachbarin, Frau Maria Niehues zur Königin. Nun organisierte der König den Hofstaat, die Ehrung der Flügelkönige fand ein Ende. Er ernannte vier Hofherren, zwei aus dem Dorfe und zwei aus den Bauerschaften. Diese sollten die Verbundenheit zwischen Dorf und Bauerschaft deutlich herausstellen. Die vier Hofherren erkoren sich ihre Hofdamen selbst. Auch die Kostenregelung erfuhr eine Neuerung. Ein Drittel der geldlichen Ausgaben trug der König allein.
Die übrigen zwei Drittel wurden zu gleichen Teilen vom König und den vier Hofherren getragen. Diese Regelung hat im Grundsatz bis heute ihre Gültigkeit.
Eine neue Vereinsfahne wurde im Jahre 1922 angeschafft. Dieselbe wurde von Herrn Oberst Vincke mit einer Flasche Sekt getauft. Die Königswürde errang nach hartem schwerem Kampf mit dem 172. Schuss Herr Franz Schulze Wettendorf.
1923 konnte das Schützenfest leider nicht gefeiert werden, weil ein Verbot der Regierung für sämtliche Tanzlustbarkeiten erlassen war, wegen der Ruhrgebietsbesetzung durch die Franzosen. Es herrschte Inflation. Eine Mark besaß den Wert von Millionen. Da die Gemeinde ein neues Kriegerdenkmal errichtet hatte, übernahm der Schützenverein die Feier der Einweihung.
Auf der Generalversammlung im März 1925 wurden zwei Herolde zur Verschönerung des Festzuges bestimmt. Clemens Baumhöver und Clemens Gähr wurden gewählt. Auf allgemeinen Wunsch wurden Federn für die Schützenhüte gekauft. Die Hüte für Oberst und Hauptmann erhielten roten- und grünweißen Federschmuck.
Das Schützenfest 1926 wurde am 14. Juni in der aller besten Stimmung gefeiert. Beim Antreten der Schützen zum Abmarsch zur Vogelstange wurde zuerst ein Kranz am Kriegerdenkmal niedergelegt. Herr Oberst Vincke hielt dabei eine ergreifende Rede, die allen Schützenbrüdern sowie allen Gemeindeeingesessenen zu Herzen ging. Die Generalversammlung beschloss am 27. März 1927, dass die Königin den Kranz zur Niederlegung am Ehrenmal stiften sollte. Im Sterbefall waren einheimische Mitglieder, die länger als fünf Jahre im Verein sind, mit Fahne und Musik zu beerdigen. Bei Soldaten sollte auch Böllerschießen oder eine Ehrensalve abgegeben werden.
Am 28. Februar 1928 nahm das treue Vorstandsmitglied Joseph Lütkenhaus, Verwalter bei Gerbermann, Abschied vom Verein. Als sein Nachfolger wurde Bernhard Leivermann in den Vorstand gewählt. Mitglieder, die länger als 25 Jahre im Verein sind, sollen eine Auszeichnung erhalten. Beim Schützenfest wurde mit dem 480. Schuss Emil Tertilt König, welcher sich Frau Schwermann zur Königin erkor. 1930 feierte der Schützenverein sein 90jähriges Bestehen. Tambour Bernhard Lanfer wurde anlässlich seiner 25jährigen Tätigkeit in den Vorstand gewählt. Oberst Bernhard Vincke tat mit dem 203. Schuss den Königsschuss. Zur Königin erkor er sich Frau Willenbrink, Wirtschafterin bei Herrn Willi Beese.
Der Schützenverein gab sich am 15. März 1930 neue Statuten. Die Statuten unterschrieben:
Aloys Runde, Ehrenvorsitzender            P. Schwinhorst, Vorstandsmitglied und Hauptmann
Bernhard Hölscher, Vorsitzender            Ant. Wiesmann, Vorstandsmitglied
A. Puning, Stellv. Vorsitzender            H. Brüning, Vorstandsmitglied
Wiesmann, Schriftführer            B. Vincke, Vorstandsmitglied und Oberst
Hockenbeck, Vorstandsmitglied            
Brinkmann,Vorstandsmitglied            
Lanfer, Vorstandsmitglied            


1931 mitten in der Weltwirtschaftskrise fand das Schützenfest am 15. Juni statt. Der wirtschaftlichen Notlage entsprechend konnte sich erst kein Mitglied entschließen, den entscheidenden Schuss zu tun. Um 2.15 Uhr nachmittags erschien Wilhelm Möllers sen. an der Vogelstange, mit den Worten: „Wat is denn loss. Könnt gi dat Dierken nich runner kriegen? Giv‘t mi äs de Büss!“ Er legte an, schoss und Alverskirchen hatte einen neuen König, wenn auch im Arbeitszeug, da er noch morgens mit Pferd und Wagen Heu und Stroh nach Münster gebracht hatte. Da er schon 1913 König gewesen war, wurde er an Ort und Stelle zum Kaiser erhoben. Frau Hegemann, seine frühere Mitregentin, erkor er sich zur Kaiserin.
Das anschließende Fest verlief in den Anlagen des Schützenbruders Linnemann in bester Stimmung, bis es um 0.30 Uhr durch Brandalarm jäh unterbrochen wurde. Es brannte die Scheune des Gutsbesitzers Schulze Hockenbeck. Die Festversammlung war in wenigen Minuten in alle Winde zerstreut. Die Ober konnten fast nicht die Zeche der Schützen einziehen. Nach Löschung des Brandes fanden sich noch einige Unentwegte wieder ein und feierten mit dem Kaiser, bis der Morgen graute. Angesichts der wirtschaftlichen Notlage im Lande und bei etwa 6 Millionen Arbeitslosen fiel das Schützenfest 1932 aus. Anstelle des Schützenfestes fand ein Ausflug zum Schützenkameraden Hermann Strohbücker verbunden mit einem Preisschießen statt. Abends war Preisverteilung und anschließend Tanz.
Zur Vorstandssitzung am 28.02.1934 war auch der Stützpunktleiter der hiesigen N.S.D.A.P. anwesend und brachte den Antrag ein, dass zwecks Gleichschaltung mindestens zwei Mitglieder aus der Partei mit in den Vorstand hinein müssen. Darauf legten der Vorsitzende und der gesamte Vorstand ihre Posten nieder. In der Generalversammlung am 25.03.1934 berichtete der Stützpunktleiter über den Rücktritt des gesamten Vorstandes und über die Gleichschaltung. Es traten dem neuen Vorstand zwei Mitglieder der N.S.D.A.P. bei. Ein altes Vorstandsmitglied lies sich nicht wieder aufstellen. Dann übernahm der alte Vorsitzende wieder die Führung des Vereins. Die Versammlung wurde nach Singen des Deutschland- und des Horst-Wessel-Liedes geschlossen.
Beim Schützenfest 1935 erhielt das Ehrenvorstandsmitglied Onkel Alois Runde zu seinem 50jährigen Vereinsjubiläum eine Ehrenurkunde verbunden mit einem Orden feierlich überreicht. Schützenkönig wurde Brennereibesitzer Hermann Gerbermann, der sich seine Braut Frl. Emilie Bisping zur Königin erkor. Das Fest verlief in schönster Weise, bis nachts gegen 1 Uhr ein starkes Gewitter die Feier beendete.
Am 05. Juli 1937 feierte der Schützenverein das 98. Stiftungsfest. Die Schützen waren zur Messe für die gefallenen und verstorbenen Mitglieder des Vereins recht zahlreich erschienen. Nach dem Frühschoppen war der Abmarsch zur Vogelstange. An der Vogelstange ging es schon gar bald lustig zu. Eifrig wurde um die Königswürde geschossen. Der Königsschuss gelang schließlich dem Ehrenmitglied Hermann Laumann. Als Königin erwählte er sich Frau Tertilt.
Dem Hofstaat gehörten an:
  Emil Tertilt - Frau Richter             Anton Reifeld - Frau Reifeld
  Franz Richter - Frau Laumann             Bernhard Niehoff sen. - Frau Niehoff

Das Schützenfest verlief in allerbester Stimmung, wozu der nunmehr 662 Jahre alte Thron nach Kräften mitwirkte.

Im März 1938 fand ein Opferschießen für das Winterhilfswerk statt. Der Ertrag brachte - nach Abzug aller Kosten - für das W.H.W. 25,80 RN. Gleichzeitig fand eine Vorstandssitzung statt, in deren Verlauf der Stützpunktleiter den gesamten Vorstand auflöste. Nur der Vorsitzende blieb in Amt und Würden. In der Generalversammlung am 03. April 1938 wurde der Vorstand mit allen Rechten und Pflichten wieder eingesetzt. Der Ältestenrat wurde neu gewählt.

Ende 1938 Anfang 1939 wurde an der Südseite des Sportplatzes an der Hollinger Straße hinter dem Haus Duric ein Schießstand zum Kleinkaliberschießen gebaut. 300 Reichsmark wurden von der politischen Gemeinde bewilligt. Die gleiche Summe stellte der Schützenverein zur Verfügung.

Am 2. und 3. Juli 1939 wurde das 100jährige Schützenfest gefeiert. An den Ortsausgängen hatte man aus diesem Anlass Ehrenbögen errichtet.
Die Schützenvereine der umliegenden Gemeinden waren eingeladen worden. Das Antreten erfolgte an der Telgter Straße. Oberst Bernhard Vincke fungierte als Kommandeur aller angetretenen Schützen. Nach der Paradeaufstellung bewegte sich ein stattlicher Festzug durch das Dorf zum Sportplatz. Die Begrüßung sämtlicher Vereine wurde durch den Vorsitzenden Bernhard Hölscher vorgenommen. Ein Beifallssturm erhob sich, als Frau Hegemann ein Ehrenbanner, das von den ehemaligen Königinnen gestiftet worden war, an die Vereinsfahne heftete. Oberst Vincke hielt die Festrede und gedachte der Gefallenen der Kriege. An dem neuen Schießstand entwickelte sich anschließend ein heißer Kampf um die ausgesetzten Preise. Die Schuljugend erfreute die Schützen und Gäste durch Vorführungen. Vor dem Abmarsch wurde der traditionelle Fahnenschlag vom Schützen H. Bröker nach der Musikweise mit dem Text:
  
“Pälmke hätt sien Wiefken schlagen,
dat will ik iär Moder klagen.
Oh watt fien, oh watt fien!
Eene Pulle Brandewien.“

vorgeführt.Nach dem Parademarsch entwickelte sich im Festzelt ein geselliges Zusammensein, womit der erste Tag ausklang.
Schützenvorstand:
Heinrich Sandfort, Josef Starp, Bernhard Kortmann, Anton Reifeld, Bernhard Leivermann, Bernhard Niehoff

Der zweite Tag begann mit den Festhochamt, Totenehrung und Weihe der neuen Vereinsfahne. An der Vogelstande kam es zu einem heißen Ringen um die Königswürde. Durch einen wohlgezielten Schuss holte Schütze Willy Möllers jr. den Rest des Vogels von der Stange. Zur Königin erkor er sich Frl. Agnes Sandfort.
Den Hofstaat bildeten:
  Alfons Eggert - Frl. Hedwig Sch. Hockenbeck             Klemens Kortenjan - Frl. Maria Wellermann
  Heinrich Strohbücker - Frl. Anny Werring             Heinrich Treutmann - Frl. Amalia Hölscher

Am Nachmittag wurde das Fest mit dem Zug durch das Dorf und dem Fahnenschlag fortgesetzt. Nach der Polonaise am Abend schwang Jung und Alt nach den Weisen der Musik das Tanzbein. Oberst B. Vincke hielt eine humorvolle Ansprache an das Königspaar und den Hofstaat. Schriftführer Hubert Wiesmann verlas die Namen sämtlicher Königspaare seit 1840 und frischte damit manche schöne Erinnerung wieder auf. Insgesamt kann behauptet werden, dass das Jubelfest in bester Stimmung verlief und ein jeder zufrieden war. Vorstand und Festausschuss sahen in dem guten Verlauf des Festes die Krönung ihrer Arbeit.

Aus dem Protokoll der Generalversammlung vom 14. April 1940:

“Die vom Vereinsführer einberufene Generalversammlung wurde von ihm gegen 17.40 Uhr eröffnet. Er erinnerte daran, dass wieder einmal die Fackel des Krieges entzündet sei und forderte nun erst recht einiges Zusammenstehen. Nach einem kurzen Rückblick auf das Jubelfest 1939 wurde die Rechnungslage erörtert und für in Ordnung befunden. Die Beitragszahlung von 3,00 RN soll beibehalten werden. Einer Anregung aus der Versammlung heraus wurde eine Sammlung für eine Päckchensendung an die eingezogenen Mitglieder durchgeführt, die den Betrag von 38,00 DM RN erbrachte. Der Vereinsführer schloss um 20.15 Uhr die Versammlung.“

Der zweite Weltkrieg unterbrach für eine lange Zeit “das Fest der Feste“ im Dorf Alverskirchen. Die jungen Männer wurden zu den Waffen gezogen. Je länger der Krieg andauerte, desto jünger wurden die zur Wehrmacht oder zum Arbeitsdienst Einberufenen. Der Tod der gefallenen und vermissten Soldaten brachte in viele Familien großes Leid.
Die Vereinsgeschichte des Schützenvereins Alverskirchen v. 1840 e. V. zum Download
Hier können Sie die Vereinsgeschichte ansehen oder als PDF-Datei herunterladen.
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